Gartenviertel im Stadtrat


Die Baustelle in der Saarlandstraße im April; sie brachte den Stein im Gartenviertel ins Rollen
Foto: Archiv/Andrea Hetz
NEUMARKT. Ein Bürgerantrag mit 558 Unterschriften hat den Stadtrat gezwungen, sich in der Sitzung am Donnerstag mit dem Gartenviertel zu befassen (wir berichteten).

Die Vertreter der Nachbarschaftsinitiative hoffen auf ein klares Bekenntniss der Stadträte für den „Erhalt der gewachsenen Strukturen“ und „eine klimagerechte Stadtentwicklung“, schätzen ihre Erfolgschancen aber auch „realistisch“ ein.

Die katastrophalen Starkregenereignisse der letzten Tage in verschiedenen Teilen Deutschlands könnten den Argumente der Anlieger mehr Gewicht verleihen. Schließlich würden die Flächen durch die von ihnen kritisierten „nachverdichteten Grundstücke“ maximal versiegelt, wodurch das Niederschlagswasser nicht mehr auf den Grundstücken versickern könne und in die Kanalisation abgeleitet werden müsse.

Im Kampf unterstützen

NEUMARKT. Die Neumarkter SPD hat bereits Anfang 2020 nach einem Ortstermin im Gartenviertel den Beschluss gefasst, die Bewohner im Kampf gegen den Bau eines unverhältnismäßig großen Bauprojekts zu unterstützen, hieß es am Dienstag nach einer Sitzung der Stadtratsfraktion.

Man steht auch weiterhin auf der Seite der Anwohner – als einzige Fraktion der im Stadtrat vertretenen Parteien.

Um dieses Bauvorhaben und auch das in der Kettelerstraße zu verhindern, hätte es keines Bürgerantrages bedurft, hieß es. Denn sowohl Stadtverwaltung wie auch Oberbürgermeister hätten durch Anwendung des Baugesetzbuches diese Baumaßnahmen ohne Weiteres verhindern können.

Getan haben sie es jedoch nicht und alle anderen Stadtratsfraktionen hätten sich diesem Versäumnis angeschlossen.
Stein des Anstoßes war vor mehr als einem Jahr der Neubau eines Achtfamilienhauses in der Saarlandstraße, für den zunächst das Grün auf dem Grundstück „komplett abgeräumt“ wurde. Die Gegner beklagten die massive Versiegelung des Grundstücks - rund 80 Prozent seien bebaut. Von dem über 800 Quadratmeter großen Grundstück, auf dem früher mehrere große Bäume und Büsche wuchsen, blieb nur ein schmaler Streifen, der nicht versiegelt wurde.

Die Anwohner aus dem Gartenviertel verweisen in einer Stellungnahme im Vorfeld der Stadtratssitzung auf das geplante „Klimaanpassungskonzept“ der Stadt, zu dem Bewohner befragt werden, an welchen Stellen sie besonderen Handlungsbedarf sehen.

Für die Nachbarschaftsinitiative im Gartenviertel liegt der klar auf der Hand. "Andere Kommunen versuchen gerade das Grün zurück in die Städte zu holen", sagt Uli Kutscheid, "bei uns dagegen dürfen Grundstücke mit altem Baumbestand rücksichtslos abgeräumt werden, um Platz für Nachverdichtungsprojekte zu machen."

Für eine neue Bepflanzung bleibe nach Fertigstellung dann kaum mehr Platz auf diesen nachverdichteten und„ maximal-versiegelten“ Grundstücken wie beispielsweise in der Saarlandstraße, sagte Jens Mischke. Gerade für das Mikroklima der Stadt seien aber große Bäume und Grünflächen entscheidend. Sie würden mit Blick auf den Klimawandel in Zukunft immer wichtiger werden. Deshalb drängen die „Gartenviertler“ auf eine „nachhaltige Stadtentwicklung, die vor allem klimatische Aspekte viel stärker berücksichtigt“.


Die Bodenversiegelung mag mit Blick auf Überschwemmungsgefahren bei einem Mehrfahmilienhaus noch nicht groß ins Gewicht fallen, hieß es. „Wenn aber in unserem Viertel ein Grundstück nach dem anderen versiegelt wird, wird das in der Summe zum Problem“, sagte Enrico Pomsel. „Das ist ein Problem, das leider erst in einigen Jahren spürbar sein wird, dann ist es aber zu spät, um zu handeln“.

Daneben werden bei der Begründung für den Bürgerantrag aber auch Themen wie bezahlbarer Wohnraum, die Verkehrssituation und die Überlastung der Infrastruktur aufgeführt.

In verschiedenen Gesprächen mit allen im Stadtrat vertretenen Parteien haben die Anwohner aus dem Gartenviertel versucht, die Stadträte von ihrem Anliegen zu überzeugen. Allerdings habe erst der Bürgerantrag mit 558 Unterschriften aus dem gesamten Stadtgebiet einige Parteien zur Gesprächsbereitschaft gebracht, hieß es. "Die Gespräche waren alle konstruktiv", sagte Lucia Baier, "aber es wurde leider auch oft deutlich, das andere Prioritäten gesetzt werden".

Vorreiter in Sachen Klimaanpassungskonzept wird die Stadt nach Meinung der Nachbarschaftsinitiative nur, „wenn sie ihre Gestaltungsaufgabe wahrnimmt und auf klimagerechte und behutsame Nachverdichtung setzt, statt auf eine maßlose und gewinnmaximierende Version davon“, sagte Uli Kutscheid. Was für Woffenbach gelte müsse auch für das Gartenviertel gelten – und für alle anderen gewachsenen Quartiere in Neumarkt, sagte Jens Mischke.
27.07.21
neumarktonline: Gartenviertel im Stadtrat
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ISSN 1614-2853
15. Jahrgang
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