Für gentechnikfreie Nahrung


Dr. Franz Ehrnsperger, der Inhaber der Ökobrauerei Neumarkter Lammsbräu, am Rednerpult vor einer schier unübersehbaren Demonstrantenschar, unter ihr Bundestagsabgeordneter Martin Burkert (links vorne, im roten Hemd).
Fotos: Erich Zwick

Mit "Gen Food" hat diese Demonstrantin "nichts am Hut".


Den Platzordnerinnen mundet das von Dr. Franz Ehrsperger für
alle spendierte Öko-Bier aus seiner Neumarkter Lammsbrauerei.
NEUMARKT/ NÜRNBERG. Wenn früher in den Dörfern außerhalb der Gottesdienstzeiten oder zum Gebet die Glocken läuteten, dann schreckten die Bürger auf, weil sie wussten, eine Katastrophe hat sie betroffen. Zu ungewöhnlicher Zeit - exakt um 11.40 Uhr - erklangen am Samstag die Glocken der Nürnberger Jakobskirche als wollten sie über den Platz rufen: "Es brennt".

Wahrlich: es brannte - wenn auch im übertragenen Sinne; denn mit dem mahnenden Glockengeläut zog ein Demonstrationsmarsch zwischen St. Jakob und St. Elisabeth ein, der für eine gentechnikfreie Nahrung auf die Straße ging.

Ein "Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft" hatte zu der Protestkundgebung aufgerufen, zu der Landwirte, teils mit Traktoren und Schleppern, "Städter" mit Transparenten, Betagte und Kinder, Politiker und Wähler in großer Zahl - man schätzt sie auf ein paar tausend - gekommen waren. Der schier nicht enden wollende Demonstrationszug, der in gesitteten Bahnen verlief, erstreckte sich vom Südausgang des Nürnberger Hauptbahnhofes über den Frauentorgraben und Plärrer zur Ludwigstraße bis hin zum Weißen Turm.

"Gentechnik in der Nahrung brauchen wir nicht und wollen wir nicht", brachte Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly in seinem Grußwort das Anliegen der Demonstranten auf einen einfachen Nenner.

"Wir wollen, dass auch künftig gentechnikfreies Essen und Biertrinken in Deutschland möglich ist", legte Dr. Franz Ehrnsperger, der Inhaber der Ökobrauerei Neumarkter Lammsbräu nach, der nicht mit leeren Händen zur Demonstration gekommen war. Er ließ ein paar Fassl Ökobiere springen, was von den vom Fußmarsch durstig gewordenen Ökofreaks dankbar goutiert wurde.

"In Deutschland gibt es noch kein Gentech-Bier", konnte Dr. Ehrnsperger die Versammlung beruhigen. Doch die weltweit massive Entwicklung gentechnisch veränderter Braurohstoffe - auch in Deutschland - sei ein "unverkennbares Indiz für den Weg zum Massen-Gentech-Bier".

In diesem Zusammenhang erinnerte Dr. Ehrnsperger an das in dieser Woche zusammen mit zwei weiteren mittelständischen Brauereien (Riegele-Augsburg und Stralsunder Brauerei) unterzeichnete "Manifest zur dauerhaften Sicherung des bayerischen Reinheitsgebots". Die drei Pioniere fordern, nur solche Roh- oder Hilfsstoffe im Reinheitsgebot zuzulassen, die nicht gentechnisch verändert sind.

Geradezu beschwörend waren die Worte der Biobäuerin Sonja Friedrich aus Lilling: "Gentechnik birgt aus unserer Sicht das gleiche Risiko wie Atomtechnik: Ist einmal ein Fehler aufgetreten, kann er nicht mehr korrigiert werden."

Aus theologischer Sicht beleuchtete Gerhard Moniger, der Umweltbeauftragte der evangelischen Kirche, den "Eingriff in den Bauplan der Schöpfung", den er rundweg ablehnte: "Die hungernden Kinder auf der Welt profitieren nicht von Gentechnik. Die einzigen, die wirklich profitieren, sind die Saatgutkonzerne. Die brauchen das Monopol, um die Bauern in den Griff zu bekommen. Aber sie kriegen es nicht. Nicht solange, wie wir hier unseren Mund aufmachen und protestieren. Wir brauchen die Agrogentechnik nicht! Bayern muss frei davon bleiben." Frenetischer Beifall.

Nach weiteren Rednern fasste der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern, Professor Dr. Hubert Weiger, alle Argumente noch einmal zusammen und fügte noch eigene Gedanken hinzu. Genmanipulation sei Risikotechnologie und daher nicht notwendig, "weil wir genügend Lebensmittel in der EU erzeugen, um uns gesund zu ernähren." Alle Probleme der landwirtschaftlichen Produktion seien auch ohne Agro-Gentechnik lösbar; "gesunde Ernährung bedarf keiner Gentechnik", beschwor Prof. Dr. Weiger die Protestversammlung.
Erich Zwick


Die Hauptredner der Kundgebung: Dr. Franz Ehrnsperger (Mitte), neben ihm links Professor Dr. Hubert Weiger, der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern und Öko-Bäuerin Sonja Friedrich; 2. von rechts Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly.
30.09.06
neumarktonline: Für gentechnikfreie Nahrung
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ISSN 1614-2853
15. Jahrgang
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